4-Säulen für eine amtsangemessene Alimentation
Unter dem Eindruck der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes zur amtsangemessenen Alimentation sowie zur Alimentation kinderreicher Familien hat sich das Land Baden-Württemberg ein Modell überlegt, das auf vier Säulen fußt:
- Anhebung der Eingangsämter im mittleren und gehobenen Dienst.
- Streichung der 1. und 2. Erfahrungsstufe in der Besoldungstabelle (sog. “Linksverschiebung“)
- Erhöhungen der kinderbezogenen Familienzuschläge
- Rücknahme der Absenkung der Beihilfebemessungssätze aus 2013
und - zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses der Länder auf die Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und –empfänger.
Die Vorstellungen des Landes zu dem sog. „4-Säulen-Modell“ wurden schon im Herbst 21 in den beamtenpolitischen Spitzengesprächen zwischen Landesregierung und den DGB-Gewerkschaften, an denen auch ver.di teilnahm, mündlich skizziert.
Der erste Eindruck stimmte zuversichtlich. Im Februar 2022 ist der fast 200-seitige Referentenentwurf bekannt geworden, an dem sich auch Details ablesen ließen. ver.di hat gemeinsam mit den DGB-Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes dazu Stellung genommen. Damit beginnt nun das Gesetzgebungsverfahren, das im Herbst 2022 abgeschlossen sein soll.
Gleichwohl ist diese Vorhaben kein Programm zu Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes im Land und den Kommunen, sondern die Umsetzung von Gerichtsbeschlüssen. Attraktive Themen, wie zum Beispiel die Reduzierung der Wochenarbeitszeit (Die 4 muss weg!) bleiben unberührt.
Anhebung der Eingangsämter mD/gD
Die Eingangsämter des mittleren Dienstes sollen ab 01.12.2022 von A7 auf A8 angehoben werden. Der Einstieg in den gehobenen Dienst soll künftig in A10 bei den nichttechnischen und in A11 bei den technischen Laufbahnen erfolgen. Die Ämter dazwischen werden alle entsprechend angehoben. Auch die Verzahnungsämter mD/gD mit den Amtszulagen. Dies ist ein grundsätzlich positives und von ver.di begrüßtes Vorhaben.
Dennoch drängen sich hierzu Fragen auf: So stellt sich für ver.di die Frage, warum nicht gleich eine Gleichstellung der nichttechnischen mit den technischen Laufbahnen angestrebt wurde. Die Komplexität von Rechtsvorschriften und –verfahren sowie auch die gestiegene Anforderungshaltung durch Bürgerinnen und Bürger an Verwaltung haben zugenommen und würden dies rechtfertigen. Unglücklich ist auch, dass die Stellenhebungen bei A11 enden. Dies löst insbesondere Irritationen aus und bringt das Stellengefüge, gerade auch in Kommunalverwaltungen, unter Druck.
Streichung von Erfahrungsstufen
Mit einer sog. „Linksverschiebung“ der Besoldungstabelle sollen die Erfahrungsstufen 1 und 2 gestrichen werden. Künftig wird es nur noch 10 Erfahrungsstufen (statt 12) geben. Die neuen Erfahrungsstufen sollen in der Laufzeit von 2 auf 3 Jahre verlängert werden.
Die „Wetterlage“ dazu ist heiter, aber auch wolkig: ver.di begrüßt die Streichung. Kritikwürdig ist dennoch die Verlängerung der Erfahrungsstufen um jeweils ein Jahr. Nirgendwo steht geschrieben, dass diese Stufen eine Laufzeit von ganzen Jahren haben müssen. Hier wären aus Sicht von ver.di auch Halb-Jahres-Schritte denkbar, die gerade in den unteren Erfahrungsstufen die Familiengründungsphasen finanziell begünstigen könnten.
Erhöhung Familienzuschläge
Die kinderbezogenen Zuschläge werden für das erste und zweite Kind auf 138,84 € für das dritte und jedes weitere Kind auf 750,44 € erhöht.Darüber hinaus wird zu den kinderbezogene Zuschlägen ein weiterer Zuschlag = Erhöhungsbetrag gewährt. Dieser Erhöhungsbetrag ist abhängig von der Besoldungsgruppe. Hiervon profitieren die niedrigeren Besoldungsämter. ver.di begrüßt diese sozial ausgewogene Steigerung des Familienzuschlages.
Beihilfebemessungssatz
Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2013/ 2014 wurden die Beihilfebemessungssätze auf ein einheitliches Niveau von 50 % für ab dem 01.01.2013 eingestellte Beamtinnen und Beamte reduziert. Der abgesenkte Beihilfebemessungssatz von 50 % gilt auch im Versorgungsfall. Ein echtes Ärgernis und eine finanzielle Mehrbelastung. ver.di kritisierte damals die Absenkung und hat eine Rücknahme immer wieder angemahnt. Nun soll wieder der alte Zustand mit einer Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes auf 70 % für berücksichtigungsfähige Ehegatten und Lebenspartner, Beihilfeberechtigte mit zwei oder mehr berücksichtigungsfähiger Kinder und Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger hergestellt werden. ver.di begrüßt diesen überfälligen Schritt, bedauert aber, dass die Kostendämpfungspauschale weiterhin bestehen bleiben soll.
Besoldungs- und Versorgungsanpassung
Neben den 4-Säulen für eine amtsangemessene Alimentation sollen auch die Besoldungs- und Versorgungsbezüge ab 1. Dezember um 2,8% angehoben werden. Dies ist die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses zwischen ver.di und der TdL. Das ist gut. Ärgerlich bleibt, dass Pensionärinnen und Pensionäre aufgrund der verweigerten Sonderzahlung finanziell unter den aktuellen Preisen in Bedrängnis kommen.
Wie geht es weiter?
ver.di hat gemeinsam mit dem DGB Stellung zu den beabsichtigten Änderungen im Referentenentwurf und gleichzeitig ein Erörterungsgespräch mit den federführenden Ministerien eingefordert. Ebenso wird ver.di das Gespräch mit der Politik suchen, um auf die Wolken hinzuweisen.